Ehemal. Dorotheum
Der markante Nutzbau an der Schanzstraße wurde einst als Zweigstelle und Lager des Auktionshauses Dorotheum gebaut. Für den Architekten sowie die Wiener Baukultur war das Gebäude einer der letzten Schritte hin zur Moderne. Heute steht das ehemalige Dorotheum Fünfhaus unter Denkmalschutz und wurde für neue Nutzungen revitalisiert.
OHW Erlebnis
Dieses ehemalige Dorotheum gehört zu jener Art von Gebäuden, deren Nachhnutzung nicht so einfach möglich war. Was dem Architekturbüro ostertag hier gelang, ist einen Besuch wert: Sie haben die Nutzungsänderung mit den Spezifika dieses außergewöhnlichen Bestands wunderbar in Einklang gebracht. Außerdem: Auf der Dachterrasse hast du eine atemberaubende 360°-Aussicht.
Standortinfo
Das Dorotheum Fünfhaus wurde 1926 von dem Architekten Michael Rosenauer entworfen. Zeitgleich plante er am Nachbargrund den Gemeindebau Neusserplatz 1. Heute verweisen diese Gebäude auf die damaligen architektonischen Kontraste.
Es war eine Zeit der politischen Veränderungen, die in den Künsten als Ambivalenz zwischen Tradition und beginnender Moderne sichtbar wurden. Nach dem Bau großbürgerlicher Villen (u.a. für Richard Strauss) und Wohnanlagen für die Stadt Wien, stellte das Dorotheum Fünfhaus für den jungen Architekten den letzten Schritt zur Neuen Sachlichkeit dar.
Bei dem monumentalen Gebäude wurde auf repräsentative Elemente verzichtet. Horizontale Gesimse und vertikale Fenster gliedern die Sichtbetonfassade. Der Versatz der Geschosse betont den schmalen Bau, der verschlossen wirkt und dadurch eine gewisse Sicherheit vermittelt. Auch die Gitter vor den Öffnungen im Erdgeschoss erinnern daran, dass hier einst wertvolle Objekte verpfändet und gelagert wurden.
Der Ablauf einer Pfandleihe erforderte unterschiedliche Räumlichkeiten: eine großzügige Halle für den Parteienverkehr, ein Auktionssaal für die Versteigerung nicht abgeholter Gegenstände, Spareinlagen, sowie Ausstellungs- und Lagerräume. Mit einer Skelettbauweise aus Stahlbeton wurden licht- und luftdurchflutete Räume mit einem offenen Grundriss und hohen Decken geschaffen.
Als das traditionelle Pfandgeschäft abnahm, wurden im Dorotheum Fünfhaus der Auktionsbetrieb und später auch die Pfandleihe eingestellt. Das Gebäude wurde als Lager verwendet und schließlich an die Stadt Wien verkauft, welche die Flächen ans Wien Museum vermietete. Nachdem auch dieser Bedarf anderorts gedeckt wurde, stand das Denkmal leer, bis es 2015 revitalisiert wurde.
Heute kommen in der Pfandhalle im Erdgeschoss kulinarische Kostbarkeiten auf den Tisch. Ein Haubenkoch betreibt hier tagsüber eine Kantine und abends ein Restaurant. Darüber wurden moderne Büros für Unternehmen aus der Kreativwirtschaft und Start-Ups geschaffen.
Michael Rosenauer entwarf kurz nach dem Dorotheum Fünfhaus ein beinahe identes Gebäude im 10. Bezirk. Das Dorotheum Favoriten wird bis heute für das Pfandgeschäft genützt.
Text: Sophia Garner
Akteur*innen
Architektur: Michael Rosenauer
Umbau/Sanierung: ostertag ARCHITECTS ZT GmbH